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Josefine und Luis: Zwei besondere Kinder

Die „Diamond-Blackfan-Anämie“ (DBA) ist eine seltene genetische Erkrankung, an der in Wien 10 Kinder leiden. Zwei davon sind die Geschwister Josefine und Luis. Ihr Fall ist für die Wissenschaft besonders interessant, da ein Elternteil dieselbe genetische Mutation aufweist, aber gesund ist. Forscher am IMBA und in den Max Perutz Labs der MedUni Wien möchten im Zuge eines speziellen Forschungsprojektes analysieren, welche Gene DBA verursachen und welche besonders resistent gegen die Erkrankung machen. Diese sogenannten „Supergene“ verhindern, dass Menschen trotz ihrer genetischen Disposition erkranken. Möglicherweise sind dieselben Mechanismen bei DBA beteiligt, wie auch bei gehäufter Krebswahrscheinlichkeit.

Die Forschung dient uns allen

Der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn bei der Erforschung seltener Erkrankungen kommt zunächst der Allgemeinheit zugute. Die Grundlagenwissenschaft analysiert die Mechanismen von Gesundheit und Krankheit. Das weitere Ziel ist es dann, die neu gewonnenen Forschungsergebnisse konkret auf Patienten anwenden zu können und neue Therapiemöglichkeiten, etwa im Bereich der personalisierten Medizin, zu finden. Auch für Kinder wie Josefine und Luis.

Was ist DBA?

Die Diamond-Blackfan-Anämie (DBA) ist eine angeborene Form einer schweren chronischen Blutarmut. Sie beruht auf einem noch nicht genau geklärten angeborenen Defekt, der die Bildung der roten Blutzellen im Knochenmark beeinträchtigt. Die DBA ist eine sehr seltene Erkrankung mit ca. 5-7 Erkrankten pro 1 Million Lebendgeburten. In Österreich kommen etwa 5-7 Kinder in 10 Jahren mit DBA zur Welt. Die Erkrankung tritt in den meisten Fällen sporadisch auf, bei einem Teil der Patienten wird sie jedoch vererbt, so dass weitere Familienmitglieder betroffen sein können.

DBA Experiment – Ziele, Komplikationen und erste Fortschritte

Lesen Sie den Artikel von Devon Germain, Forscher an den Max Perutz Labs der Med Uni Wien, um mehr über die bisherigen

Mehr über DBA:  Über DBA 1Über DBA 2

Therapie

An DBA erkrankte Kinder brauchen oft bald eine Bluttransfusion. Einige Patienten müssen lebenslang alle 3-6 Wochen transfundiert werden, um den Hämoglobinwert (Hb) über 8-9 g/dl zu halten.

Regelmäßige Transfusionen bedeutet für die Kinder, dass man regelmäßig venöse Zugänge legen muss – ein Eingriff, der mit Schmerz und Angst verbunden ist. Durch die häufigen Bluttransfusionen wird der Körper mit Eisen überladen. Das überschüssige Eisen wird vorzugsweise in der Leber, der Bauchspeicheldrüse und dem Herzen abgelagert. Eine langfristige Überladung dieser Organe mit Eisen führt zu schweren Komplikationen wie z.B. Leberversagen, Zuckerkrankheit oder Herzversagen. Steroide stellen eine wichtige Therapiemöglichkeit für viele Patienten mit DBA dar, diese haben jedoch negative Effekte auf das Wachstum. Die Stammzelltransplantation ist bisher die einzige Therapieform, mit der man DBA heilen kann.

Allerdings ist die Knochenmarkstransplantation eine nicht ungefährliche Behandlung, und bei nicht optimaler Übereinstimmung der Gewebsmerkmale besteht u. a. das Risiko einer Abstoßung.

Die betroffenen Kinder fallen auf, weil sie blass, müde und wenig belastbar sind. Ungefähr die Hälfte der Patienten ist kleinwüchsig, ca. 40% haben kleinere oder größere Fehlbildungen vor allem im Kopf- und Halsbereich. Bei DBA-Patienten findet man im Knochenmark keine oder nur wenige heranreifende Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen.


DR. LEO KAGER (BEHANDELNDER FACHARZT)
OBERARZT DER AMBULANZ FÜR HÄMATOLOGIE, ONKOLOGIE UND IMMUNOLOGIE, ST. ANNA KINDERSPITAL.

“Regelmäßige Transfusionen bedeutet für die Kinder, dass man regelmäßig venöse Zugänge legen muss – ein Eingriff, der mit Schmerz und Angst verbunden ist.”


Über IMBA

Das IMBA (Institut für molekulare Biotechnologie) ist
eines der europaweit führenden Zentren für biomedizinische Grundlagenforschung und das größte Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Forscher des IMBA erhielten bereits 15 „Wittgenstein-Preise“ (den höchsten österreichischen Wissenschaftspreis) sowie 17 „ERC Grants“ des European Research Council.

Schwerpunkte der IMBA-Forschung sind: Krebs, Herzregeneration, Stammzellen, Gehirnerkrankungen, Osteoporose, Eizellen & weibliche Fruchtbarkeit, Infektionserkrankungen sowie seltene Erkrankungen.

Über Max Perutz Labs

Die Max Perutz Labs Vienna sind ein gemeinsames Forschungs- und Ausbildungszentrum der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien am Vienna Biocenter. An diesen beiden Universitäten arbeiten rund 450 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus 40 Nationen im Bereich der Molekularbiologie. Sie arbeiten in verschiedenen Bereichen der Life Sciences: sie untersuchen sowohl die Struktur essentieller Zellmoleküle als auch deren Rolle in der Entwicklungsbiologie und bei Krankheiten. Forschungsgruppenleiter und Mitarbeiter der Max Perutz Labs bilden in Vorlesungen und praktischen Übungen Bachelor- und Masterstudenten der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien sowie Doktoranden der Universität Wien aus.

Im Focus: Seltene Erkrankungen

Eine Erkrankung gilt dann als selten, wenn weniger als einer von 2.000 Menschen betroffen ist. Da es geschätzte 6.000 verschiedene seltene Erkrankungen (darunter Zystische Fibrose, ALS (Amyotrophe Lateralsklerose), Glasknochenkrankheit, Epidermolysis bullosa („Schmetterlingskinder“) oder Chorea Huntington) gibt, sind sie in Summe gar nicht so selten. In Österreich leben rund 500.000, europaweit 36 Millionen Patienten. 80 % der seltenen Erkrankungen haben genetische Ursachen. Ein kleiner Webfehler in den Genen führt zu Entwicklungsstörungen einer Zelle, eines Organs oder eines gesamten Organismus.

Forschung für die Medizin von morgen

Die Arbeitsgruppen von Prof. Josef Penninger (IMBA) und Dr. Javier Martinez (Medizinische Universität Wien/Max Perutz Labs) versuchen, die molekularen Mechanismen von DBA aufzuklären, die der Erkrankung zu Grunde liegen. Aus Blutproben der betroffenen Familie werden Zellen zur Analyse gewonnen. Danach sollen Zellen aus dem Bindegewebe und dem Blut zur Gewinnung von noch nicht spezialisierten Stammzellen herangezogen werden, um diese anschließend in Zelllinien roter Blutkörperchen zu differenzieren. Davon erwartet man sich wichtige Aufschlüsse über jenen Reifungsschritt im Laufe der Bildung von roten Blutkörperchen, der bei den Patienten gehemmt ist. Dieses molekulare Verständnis ist für das Entwickeln einer möglichen Therapie notwendig.

http://de.imba.oeaw.ac.at

Internationale Kontakte und Websites


Spanien: http://anemiablackfandiamond.org.es/
Italien: http://www.diamondblackfanitalia.org/
Deutschland: http://www.diamond-blackfan.de/
United States: http://dbafoundation.org
European Diamond Blackfan Consortium: https://www.eurodba.eu
Daniella Maria Arturi Foundation: http://www.diamondblackfananemia.org
Frankreich: http://afmbd.org